Energieeffizienz im Gebäude – Teil 4: Plusenergiehaus
Das Plusenergiehaus ist im deutschsprachigen Raum als Warenzeichen geschützt. Grundsätzlich werden aber solche Häuser als Plusenergiehaus bezeichnet, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Die benötigte Energie für Heizung oder warmes Wasser wird dabei vollständig im oder rund um das Haus selbst gewonnen. Beispielsweise finden sich thermische Solaranlagen, Photovoltaikanlagen oder besonders effiziente Heizsysteme in Plusenergiehäusern wieder. Einziges Problem: Die Anschaffungskosten sind enorm hoch.
Die Berechnung der Energiebilanz des Plusenergiehauses

Die Grafik zeigt, wie viel Energie Immobilien in Deutschland durchschnittlich verbrauchen. (Quelle: Architektur- und TGA-Planungsbüro
Carsten Grobe Passivhaus, URL: https://www.passiv.de/de/02_informationen/01_wasistpassivhaus/01_wasistpassivhaus.htm)
Es existiert – anders als zum Beispiel beim Passivhaus – keine rechtliche oder gesetzliche Definition des Begriffs Plusenergiehaus. Wenn du als Plusenergiehaus ausgezeichnete Immobilien siehst, solltest du daher etwas genauer hinschauen:
- Ist der Energiebedarf für Beleuchtung oder Haushaltsstrom bilanziert?
- Handelt es sich nur um die Energiekosten für die Heizung?
- Sind wirklich alle Energieträger berücksichtigt worden?
- Welche Angaben finden sich im Energieausweis der Immobilie?
Generell wird allerdings der sogenannte Primärenergiebedarf nicht mit berücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Energie, die für die Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung der Baustoffe benötigt wird, mit denen wiederum die Immobilie erbaut wird.
Die zentralen Elemente des Plusenergiehauses
Im Prinzip unterscheiden sich die Mechanismen von Plusenergiehaus, Passivhaus und Nullenergiehaus nicht mehr großartig voneinander. Es geht eher darum, die vorhandenen Technologien noch konsequenter umzusetzen. Zudem wird weniger Wert auf die Wirtschaftlichkeit gelegt, sondern das Thema Energiesparen klar in den Fokus gesetzt.
- Das Plusenergiehaus nutzt die Sonne als primäre Energiequelle.
- Auf dem Dach ist eine möglichst große Photovoltaik-Anlage installiert. Solarthermische Kollektoren erwärmen das Brauchwasser.
- Zusätzlich wird das Sonnenlicht durch nach Süden hin möglichst große Fenster in die Immobilie gelassen. Das sorgt nicht nur für Raumwärme, sondern auch für ein angenehmes Wohngefühl.
- Dank dreifach-verglaster Fenster bleibt die gewonnen Wärme lange in den Räumen und entweicht nicht wieder an die Außenluft.
- Die Gebäudemasse wird als thermischer Speicher aktiviert, wobei dieser Mechanismus durch den Einsatz von speziellem Material in den Innenwänden weiter verstärkt werden soll.
- Natürlich wird zudem ein möglichst effizientes und neuwertiges Heizsystem eingesetzt, das nur ein geringes Maß an Energie verbraucht.
Beispiele für das Plusenergiehaus in Deutschland
Noch finden sich nur wenige Plusenergiehäuser in Deutschland, was unter anderem auch an den hohen Anschaffungskosten liegt. Beispiele findest du eher im institutionellen Zusammenhang, vor allem Ministerien oder Städte haben sich bisher an Projekten beteiligt. Im Jahr 2007 hat etwa das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) einen Wettbewerb ausgerufen, im Rahmen dessen die TU Darmstadt ein Plusenergiehaus entwickelt hat. Der transportable, vollfunktionstüchtige Leichtbau erzeugt seit einigen Jahren mehr Energie als er verbraucht.
Das BMVBS war es auch, das im Jahr 2011 ein Effizienzhaus mit Elektromobilität erbauen ließ. Im Rahmen dieses Projekts wurde auch ein gesetzlicher Standard festgelegt, wann eine Immobilie als sogenanntes Effizienzhaus Plus bezeichnet werden darf. Wichtig: Der Begriff ist nicht mit dem Plusenergiehaus zu verwechseln, auch wenn beide Immobilienarten auf ähnlichen Prinzipien basieren.
Kosten für den Neu- und Umbau
Grundsätzlich ist es durchaus möglich, bestehende Immobilien in Plusenergiehäuser umzubauen. Aus wirtschaftlicher Sicht lohnt sich das aber für dich als Immobilienbesitzer nicht. Im Prinzip müsstest du die komplette Immobilie abreißen und wieder neu aufbauen, um auf den Standard der Plusenergiehäuser zu kommen.
Insofern eignet sich wenn überhaupt der Neubau eines Plusenergiehauses. Die genauen Kosten hierfür lassen sich natürlich nur schwer schätzen und hängen immer auch von der Größe des Gebäudes ab. Bei herkömmlichen Einfamilienhäusern müssen schnell 100.000 bis 200.000 Euro zusätzlich investiert werden. Ob die Immobilie anschließend wirklich als Plusenergiehaus gilt, hängt dann auch vom Energieverbrauch der Bewohner ab. Über Amortisationszeiten ist ebenfalls nicht viel bekannt, weil keinerlei fundierte Studien oder Berechnungen existieren. Das liegt natürlich auch daran, dass das Plusenergiehaus eine eingetragene Marke ist und nur von bestimmten Bauunternehmen bzw. Architekten konzipiert wird.
Vor- und Nachteile des Plusenergiehauses
Vorteile | Nachteile |
Keine Energiekosten, sondern sogar noch Gewinn durch Stromverkauf | Es existiert keine klare Definition des Plusenergiehauses, weil es sich lediglich um einen Markennamen handelt |
Staatliche Förderprogramme nutzbar | Hohe Anschaffungskosten |
Umwelt wird geschont | Großer Planungsaufwand |
Angenehmes Wohnen in lichtdurchfluteten Räumen | Ob es sich wirklich um ein Plusenergiehaus handelt, liegt auch immer am Verbrauch der Bewohner |
Lüftungsanlagen ersparen manuelles Lüften | Keine verlässlichen Zahlen zur Amortisationszeit |
Wichtig: Obwohl sich in dieser Auflistung beide Seiten die Waage halten, sagt das noch nichts über die Gewichtung von Vor- und Nachteilen aus. Diese nehmen wir hier ganz bewusst nicht vor, das überlassen wir dir als Leser.
Staatliche Förderprogramme für das Plusenergiehaus
Für das Plusenergiehaus finden sich zahlreiche Förderprogramme. Sofern sich das Bauvorhaben wirklich als Plusenergiehaus entpuppt, können aktuell drei Förderungen in Anspruch genommen werden:
- Neubauförderung von 50.000 Euro in Form eines zinsgünstigen Darlehens.
- Förderung von energieeffizientem Bauen von ebenfalls 50.000 Euro in Form eines zinsgünstigen Darlehens.
- Gesonderte Förderung der Photovoltaik-Anlage und des Batteriespeichers (nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich).
Für alle Darlehen kann es unter Umständen auch einen Tilgungszuschuss gegeben. Alle wichtigen Informationen hierzu finden sich auf den entsprechenden Unterseiten der KFW-Bank.
Fazit: Plusenergiehaus lohnt sich nur bedingt
Das Plusenergiehaus ist eine eingetragene Marke und keine gesetzliche Definition einer besonders effizienten Immobilie. Hierfür gibt es den Begriff des sogenannten „Energiehaus Plus“, auf das im nächsten Teil dieser Serie eingegangen wird. Das Plusenergiehaus selbst setzt natürlich auf modernste Technologien, die dafür sorgen, dass die Immobilie mehr Strom erzeugt als sie verbraucht. Aus wirtschaftlicher Sicht rechnet sich das aktuell nur bedingt. Solltest du am Bau interessiert sein, lass dir vom Architekten eine genaue Kalkulation aufstellen. Diese sollte unbedingt auch die staatlichen Förderprogramme beinhalten.